12. Dezember 2022

 

Wenn unser Körper spricht

 

Wir alle sind Experten in körpersprachlicher Kommunikation, ohne es zu wissen. In Bruchteilen von Sekunden deuten wir die körpersprachlichen Signale unseres Gegenübers und reagieren automatisch. Dies geschieht allerdings in der Regel unbewusst, es passiert uns. Denn: Unsere Körper sprechen von allein, miteinander, scheinbar ohne unser Zutun. Tatsächlich ist diese Kommunikation auf ihrer eigenen Ebene eine Art Fremdsprache.

Körpersprache ist also eine eigene Sprache, die noch dazu ständig eingeschaltet ist. Sie kann nicht schweigen! Der Mensch spricht mit seinem Körper immer, ob er nun Worte sagt oder nicht. Stellen Sie sich das einmal genau vor: Sie unterhalten sich vielleicht mit einem Kunden, Sie sagen etwas, der Kunde antwortet. Gleichzeitig sagt auch Ihr Körper etwas, und der Körper des Kunden antwortet. Und diese zweite Unterhaltung, von Körper zu Körper, hat oft ganz eigene, andere Inhalte. Mitunter sind sie das Gegenteil dessen, was aus unseren Mündern zu hören ist!

 

„Deine Miene spricht aus, was auch immer du verheimlichst.“ (Seneca)

Ein einfaches Beispiel, bleiben wir beim Verkaufsgespräch: Sie empfehlen einer Kundin eine teure Handcreme und sagen „Die ist wirklich sehr gut und wird immer wieder gerne gekauft.“ Und Sie denken aber dabei „wird Zeit, dass der Vorrat endlich alle wird, die Creme ist zu teuer und nicht gut, ich werde sie nie mehr ins Angebot nehmen“. Ihr Körper wird diese Gedanken zeigen – vielleicht, indem Sie beim Sprechen den Blick senken oder mit gekreuzten Beinen dastehen oder sich an die Nase fassen.

Ihre Kundin, die die Creme eigentlich gerne kaufen wollte, spürt plötzlich ein leichtes Unbehagen – eine Irritation – , sie weicht einen kleinen Schritt zurück, wendet sich ein wenig ab, schüttelt leicht den Kopf und hört sich dann sagen „tja, ich bin im Moment eigentlich noch ganz gut versorgt. Ich glaube, ich überlege es mir noch mal.“
In Verhandlungen, Besprechungen, im Smalltalk, ja in allen geschäftlichen Begegnungen führen unsere Körper genau so ihre eigene Unterhaltung miteinander. Und tatsächlich werden auf dieser Meta-Ebene die wahren Entscheidungen gefällt!

Wie passiert das? Wir kommunizieren gleichzeitig auf zwei Ebenen, nämlich auf einer digitalen und einer analogen Ebene. Zum einen mit Worten, also auf der digitalen Ebene, und zum anderen mit körperlichen Signalen, auf der analogen Ebene. Stimmen beide Ebenen nicht überein, ist der Gesprächspartner irritiert. Er spürt, dass etwas anderes gemeint als gesagt wurde. Stimmen beide Ebenen überein, wirkt man überzeugend und wahrhaftig.

 

„Der Körper ist der Übersetzer der Seele ins Sichtbare.“ (Christian Morgenstern)

Diese körpersprachlichen Signale, unsere zweite Sprache also, senden wir aus über: Haltung und Bewegung, Mimik und Blicke, Gestik, Stimme und Tonfall. Und dies tun wir ständig, denn wie gesagt, unser Körper spricht immer. Und er sagt immer die Wahrheit. Denn der Körper ist das Sprachrohr der Seele. Die Seele offenbart also über die Sprache des Körpers den unausgesprochenen Gedanken und das verborgene Gefühl.

Auch wenn wir alleine sind, spricht unser Körper. Er ist mit sich im Monolog. Oder mit unseren Gedanken im Dialog. Oft sind manche Krankheiten, Schmerzen und Stimmungen die Antwort des Körpers in seiner Sprache auf das eigene Dasein. Man sagt ja auch, ein Mensch ist mit sich Eins. Das meint, dieser Mensch strahlt Übereinstimmung zwischen seinen Worten und seiner Erscheinung aus. Genau das ist Authentizität.

„Was jemand denkt, merkt man weniger an seinen Ansichten als an seinem Verhalten.“

(Isaac Bashevis Singer (1904-91), amerik. Schriftsteller, 1978 Nobelpr. f. Lit.)
Die Wissenschaft forscht inzwischen mit Hochdruck an der Deutung und auch am Zustandekommen körpersprachlicher Äußerungen. Beispielsweise hat man vor kurzem erst herausgefunden, dass gelesene oder gehörte Worte direkt Niederschlag in eigenen Körperäußerungen finden: Man hatte den Versuchspersonen Texte zu lesen gegeben, in denen Worte, die zum Themenkreis Alter gehörten, vermehrt vorkamen, z.B. grau, weise, Falten, antik, Brille… Danach bewegten sich diese Teilnehmer nachweislich wesentlich langsamer als Versuchspersonen, die andere Texte erhalten hatten!

Unser eigener Körper kann uns also viel darüber erzählen, uns quasi bewusst machen, wie es uns geht. Noch spannender wird es natürlich, wenn wir die Körpersprache der anderen lernen wollen zu verstehen. Sensibilität und Wachsamkeit sich selbst und dem anderen gegenüber sind die Schlüssel dazu. Und Sie müssen bereit sein, „neu“ sehen, hinsehen zu lernen.


Der erste Schritt ist, genaue Wahrnehmung zu erlernen, gleichsam wieder zu schauen wie ein Kind.

Wir alle sind ja gewohnt, das was wir sehen, direkt zu bewerten oder zu interpretieren. So sagen wir beispielsweise über einen Menschen, dessen Kopf etwas gesenkt und dessen Blick nach unten gerichtet ist, er sei traurig. Dies ist eine Bewertung! Wahrnehmen aber heißt, sich fragen, was genau sehe ich? Schauen Sie also detailliert hin. Unser Beispiel begann damit:  Kopf gesenkt, Blick nach unten. Schauen Sie weiter: Wie ist der Gang, langsam oder schnell? Große Schritte, kleine Schritte? Fußspitzen nach außen oder nach innen? Schultern hochgezogen oder nach vorne gesenkt? Arme eng anliegend oder schwingend? Mundwinkel hoch- oder heruntergezogen? Wie ist der Stimmklang, die Sprache, schnell, langsam, laut, leise, anders als vorher? Sie sehen, es gibt unendlich viel zu sehen.

 

Der zweite Schritt nun besteht darin, das so genau Angesehene zu betrachten und zu bedenken, und zwar von mehreren Seiten. Hier erst geht es in den Versuch, das Gesehene zu bewerten, und zwar anders als gewohnt, nämlich von mehreren Seiten. In unserem Beispiel wären viele Bewertungen möglich: traurig, nachdenklich, grübelnd, träumend, heimlich grinsend…. Woher wissen wir, was zutreffend ist? Und hier folgt nun der dritte Schritt: Sich rückversichern. Nachfragen. Klar, nicht immer ist das möglich, oft traut man sich nicht, auch ist es ungewohnt. Dennoch erlangen Sie letztlich nur über das Nachfragen Klarheit.

 

 „Die Signale der Körperbewegung sind uns nicht so vertraut wie die mimischen und die stimmlichen“,

sagt Paul Ekman (amerikanischer Psychologe und weltweit erfolgreichster Erforscher der menschlichen Mimik) in seinem Buch „Gefühle lesen“. Mit nur 43 Muskeln erzeugen wir 10000 Gesichtsausdrücke, hat er herausgefunden. Ekman ist in der Lage, in Gesichtern glasklar lesen zu können, beispielsweise ob jemand lügt oder nicht, und er hat in dieser Fähigkeit inzwischen auch andere, die dies beruflich brauchen, ausgebildet.

 

Auf die innere Haltung kommt es an!
Doch was können wir nun tun, wenn wir andere Gefühle und Einstellungen haben, als wir nach außen zeigen wollen? Es hilft tatsächlich nur eine Veränderung der inneren Haltung, z.B. mit Hilfe mentaler Übungen und einem glasklaren Verständnis der Aufgabe. Denn: Eine klare Einstellung schafft eine klare Körpersprache.

Doch zum Glück gibt es auch das umgekehrte Phänomen. Wenn Sie einen Gesichtsausdruck und eine Haltung einnehmen, die gute Laune und einen hohen Status zeigen – werden sich diese Gefühle meist von selbst einstellen. Der berühmte russische Regisseur und Schauspielpädagoge Stanislawski (1863 – 1938) sagte zu seinen Schülern: „Mach die Geste, das Gefühl folgt nach.“
Und so ist es. Sie sind in einem Meeting und kommen schwer zu Wort? So können Sie Status dokumentieren: Richten Sie sich auf, nehmen Sie die Schultern zurück, stellen Sie die Fußspitzen nach außen, weichen Sie Blicken nicht aus, vermeiden Sie Berührungen am Kopf, nehmen Sie mehr Raum ein. Sie werden sich wundern: Gleich fühlen Sie sich sicherer, und Sie werden wahrgenommen, ja, ernst genommen.
Allein die Wahrnehmung, wie viel Raum jemand einnimmt oder auch betritt, kann Ihnen viel über einen Menschen erzählen. Umgekehrt zeigen Sie durch das Einnehmen von mehr Raum eine höhere Präsenz.

Räume machen auch etwas mit uns. Sie haben Einfluss auf unseren Körper, sie geben uns Platz oder engen uns ein, sie drücken unsere Stimmung nieder oder sie machen uns fröhlich und zuversichtlich. Unser Körper reagiert, denn er ist Ausdruck unseres inneren Empfindens.

Im Gespräch lohnt es sich, wachsam und sensibel darauf zu sein, wann Sie selbst irritiert sind. Meist sagt Ihr „Bauchgefühl“ Ihnen, bei diesem Gegenüber stimmt etwas nicht überein! Hier ein kleiner, konkreter Tipp, wie Sie eventuell feststellen können, ob ein Mensch Ihnen zugetan ist oder nicht: der N-N-Kontakt. Dieses Kürzel besagt, wenn Nase und Nabel Ihnen zugewandt sind, kommt der Kontakt von Herzen, ist ehrlich gemeint.

 

Keine Bewegung ist zufällig
Im Gespräch bekommen Sie auch bereits wichtige Hinweise über das Befinden Ihres Gesprächspartners, indem Sie nur weniges beachten, z.B. eine Veränderung der Stellung oder der Sitzhaltung des anderen. Keine Bewegung ist zufällig, sondern immer Ergebnis innerer Prozesse, Gefühle und Gedanken. Auch die Veränderung von Distanzen, Hin- oder Abwendung einer Schulter, Änderung der Blickrichtung - alles das könnte Sie anregen, dem Gespräch bewusst eine andere Wendung zu geben.

Und mit den Worten des Schauspielers und Experten für Körpersprache, Samy Molcho, lässt es sich treffend so zusammenfassen: 

„Unser Körper ist die größte Plaudertasche, die man sich vorstellen kann. Er hört nie auf, Signale zu geben.“  😊

 

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28. April 2022

 

Im Video-Gespräch das "kleine Nebenbei" erleben

 

Was mir immer mehr klar wird: In der Begegnung per Video geht das menschliche Annähern wesentlich langsamer als in Präsenz. Es fehlt das "kleine Nebenbei" - kleine Gesten, Bemerkungen, Freundlichkeiten, Hilfen.

Das ist online schwer herzustellen. Und doch so wichtig, um sich persönlich wohlfühlen zu können. Die räumliche Distanz ist auch eine emotionale, und das ist der Hauptgrund, warum sich viele so schwer tun mit dieser Art der Zusammenarbeit. 

 

Was ist zu tun?

Ich lerne an mir selbst. Wie reagiere ich, was passiert mit mir emotional, wie schaffe ich es, loszuplaudern, was brauche ich dazu?

Zu Beginn auf jeden Fall: Mut. Dann Selbstbewusstsein. Man ist ja auf dem Präsentierteller 😀

(Ich habe nachgesehen, woher diese Redensart kommt: Gut zu sehen in Serien wie Downton Abbey - der Butler bringt auf einem Teller/Tablett die Visitenkarte des anzukündigenden Gastes...)

Also Präsentierteller. Hier gilt, wie immer beim Präsentieren, das eigene, oft ungute Gefühl umzupolen in Freude. Ich darf mich präsentieren! Tun wir in Präsenz übrigens genauso, es ist uns da nur nicht so bewusst.

 

Gut also, wenn die Zusammenkunft von ModeratorInnen geleitet wird, die bewusst der Gruppe Zeit geben, um das "kleine Nebenbei", das emotionale Miteinander, zu erleben. Ja, es ist natürlich machbar, aber es braucht mehr Zeit. 

Diese Zeit wird übrigens leicht wieder reingeholt durch die hohe Konzentration, die bei der Online-Arbeit entsteht, und die uns schnell zu Ergebnissen führt. Also keine Bange, wagt ein wenig mehr "kleines Nebenbei"!

 

 

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20. September 2021

KÖRPERSPRACHE

 

Gestern im Trialog der Kanzlerbewerber und noch mehr in der Talkshow danach, bei Anne Will, wurde mir wieder einmal klar, wie wichtig und aussagekräftig die eigene Körpersprache ist!

 

    Und das gilt nicht nur in politischen Debatten, sondern auch in jedem Gespräch und jeder Auseinandersetzung. Mich hat gestern einmal wieder erstaunt, dass die TeilnehmerInnen sich offenbar nicht dessen bewusst sind, was sie mit ihrer Körperhaltung und Mimik über sich erzählen. 

    Eine Saskia Esken, die ständig vorgebeugt sitzt, vermittelt was? Ich bin angespannt, ich will hier auch mitmachen, natürlich bin ich kleiner, aber bitte nehmt mich wahr, ich weiß auch etwas....

    Ein Volker Bouffier, der sich ganz auf seine vollmundige Stimme verlässt, weit zurückgelehnt dasitzt und einfach drauflosredet, egal ob er dran ist oder nicht, erzählt mit seinem Körper: Ich bin absolut lässig und großartig, eigentlich müsste ich hier jede Woche sein, ihr müsst mir einfach zuhören, denn ich weiß, was richtig ist....

    Ein Robert Habeck, der aufrecht und offen sitzt, der Oberkörper etwas schief zum Unterkörper, die Mimik bemüht ruhig und anscheinend wach. Er ist ein Widerspruch in sich: Präsent und gleichzeitig nicht, in der Art 'hat ja doch keinen Zweck mit denen zu reden',  'ich bin müde von euch und dem Ganzen hier', und auch 'ja doch, ich habe eine Botschaft, ein Herzensanliegen'...

    Ein Christian Lindner, der sich beim Sprechen immer wieder aufplustert und versucht sich größer zu machen. Der grinst, wenn andere eine andere Meinung haben, nach dem Motto: 'Ich weiß es aber besser, das ist doch völlig klar' - er wirkt arrogant und besserwisserisch...

   

Und das sind nur ein paar Beispiele. Worauf könnten Sie achten in einer ähnlichen Situation? Hier einige Anhaltspunkte:

 

    - Wie sitzen Sie, wie sitzen die anderen?

Ist die Körperhaltung vorgebeugt, oder scheinbar bequem zurückgelehnt, die Beine verschränkt, die Hände verschränkt - alles nicht so gut. Oder sitzen Sie aufgerichtet und locker, so dass Sie jederzeit sprechen können? 

    - Wer kommt wann, warum und wie zu Wort?

Das ist nicht unbedingt der Lauteste. Es ist der/die Präsenteste in der Runde. In der inneren Haltung souverän, ruhig und sich seiner Inhalte sicher.

    - Wer verschafft sich Gehör? Und wie gelingt dies?

Tja, nicht einfach. Aufrecht sitzen, Blickkontakt aufnehmen, sich seiner selbst bewusst sein, überzeugt von den eigenen Gesprächsbeiträgen, -  das wären schon einmal erste Hinweise. Und ja, das klappt nur mit einer inneren Haltung, die genau das fühlt.

    - Sieht man Ihnen an, was Sie denken?

Antwort: Oh ja! Man sieht Ihre Widersprüche, man sieht, ob Ihre Worte, Ihre Mimik und Ihre äußere Haltung zu Ihrer inneren Haltung passen, ob Sie eins mit sich sind.

    - Wirken Sie glaubhaft? 

Nur, wenn Sie das was Sie sagen, auch wirklich meinen.

    - Was zeigt Ihre Mimik?

Sind Sie aufmerksam, hören Sie jedem Redebeitrag interessiert zu, respektieren Sie anders Denkende, sind Sie wirklich beseelt, von dem was Sie selbst sagen?